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Lange erwartete Entscheidung des Bundesgerichtshofes zum Beginn der Abschmelzungsfrist bei Vorbehalt eines Wohnrechts

Nach einem Erbfall gibt es häufig Streit um den Pflichtteil. In vielen Fällen versucht der Erblasser die Pflichtteile dadurch
zu schmälern, dass er bereits zu Lebzeiten sein Vermögen auf die gewollten Erben überträgt. Oftmals geschieht dies im
Wege einer Schenkung. Solche Schenkungen sind jedoch nach § 2325 BGB ausgleichspflichtig und unterliegen dem Pflicht-teilsergänzungsanspruch. Allerdings verringert sich der ausgleichungspflichtige Wert jedes Jahr um 10 % . Nach zehn
Jahren unterliegt eine Schenkung demnach nicht mehr dem Pflichtteil.

Der BGH hatte jedoch im Jahr 1994 entschieden, dass diese Zehn-Jahres-Frist nicht anläuft, wenn sich der Erblasser ein umfassendes Nießbrauchrecht vorbehalten hat. Nach dieser Entscheidung war unter Juristen und den Gerichten umstritten, ob diese Rechtsprechung auch für ein Wohnrecht gilt, bei dem der Berechtigte nicht solche umfassenden Nutzungsrechte
hat, wie dies beim Nießbrauch der Fall ist.

Jetzt hat der BGH durch ein Urteil vom 29. Juni 2016 (Az.: IV ZR 474/15) diese Frage geklärt. Im Wesentlichen bezieht sich der BGH in diesem neuen Urteil, auf die alte Entscheidung zum Nießbrauch. Auch bei einem Wohnrecht sei – wie bei einem Nießbrauchrecht – nach den Umständen des Einzelfalls zu ermitteln, ob die Schenkung nicht nur rechtlich, sondern auch wirtschaftlich vollzogen wurde. Entscheidende Kriterien sind nach der Ansicht des Bundesgerichtshofes, ob sich das Wohnrecht lediglich auf Teile einer Immobilie bezieht, aber vor allem die Frage, ob der Wohnberechtigte den Gebrauch der Immobilie Dritten überlassen kann. Im konkreten Fall hatte der Erblasser nur ein Wohnrecht über ein Geschoss der Immobilie, die insgesamt über drei Geschosse verfügte und er durfte das Recht ohne die Zustimmung des Eigentümers nicht einem Dritten überlassen. Der Fristbeginn wurde aus diesem Grund durch den BGH angenommen, so dass der Kläger wegen des Ablaufs der Frist keinen Pflichtteilergänzungsanspruch geltend machen konnte.

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