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BGH stellt Beratungspraxis zu Patientenverfügungen auf den Kopf

Bisher war es gängige Praxis, dass eine Patientenverfügung in vielen Punkten relativ allgemein gehalten wird. Der Grund lag vor allem darin, dass der jeweils Betroffene, der zwar fest entschlossen ist, dass sein Leben nicht unnötig durch medizinische Maßnahmen in die Länge gezogen werden soll, etwaige Krankheiten, Unfälle und Behandlungen nicht voraussehen kann.

Diese Praxis hat der BGH mit seinem Beschluss vom 06. Juli 2016 (Az.: XII ZB 61/16) wohl beendet. In dem zu ent-scheidenden Fall hatte die Patientin ebenfalls festgelegt, dass sie keine lebenserhaltenden Maßnahmen wünscht. Nach
einem Hirnschlag und mehreren epileptischen Anfällen konnte sich die Patientin dann nicht mehr äußern. Die Vertrauens-person (eine Tochter der Patientin) weigerte sich jedoch eine künstliche Ernährung durch eine Magensonde einzustellen
und erhielt die Mutter weiter künstlich am Leben. Die beiden anderen Töchter wollten dies nicht akzeptieren, da die Mutter
in der Patientenverfügung ausdrücklich klargestellt habe, dass sie eine solche künstliche Lebensverlängerung nicht
wollte. Aufgrund der Patientenverfügung war nach Ansicht der Schwester der Wille der Mutter verbindlich festgelegt.

Der BGH hat jedoch der Vertrauensperson und Bevollmächtigten Recht gegeben, da die beschriebene Situation nicht konkret benannt wurde. Zudem war die Patientin wohl beim Einsetzen der Magensonde in der Lage einen Willen zu äußern. Der BGH hat aber im Wesentlichen offen gelassen, wie konkret der Patientenwillen nach dieser neuen Rechtsprechung festgelegt werden muss. Er hat zwar entschieden, dass die Voraussetzungen an diese Konkretheit nicht überspannt werden dürfen. Allgemeine Verwendungen der Begriffe „keine lebenserhaltenden Maßnahmen“ werden in Zukunft aber wohl nicht mehr genügen, wenn ein Patient seinen Willen auch wirklich verbindlich festlegen möchte.

Es steht folglich zu befürchten, dass durch die Entscheidung mehrere hunderttausend Patientenverfügungen nicht mehr wirksam sein dürften. Nach der Entscheidung kann jetzt jedem, der eine derart weitgefasste Patientenverfügung erstellt
hat, nur angeraten werden, diese dringend rechtlich prüfen zu lassen.

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