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Prozessführung in Italien

Es ist darauf hinzuweisen, dass die nachfolgenden Ausführungen nur einen summarischen Überblick zu grundsätzlichen Fragen der Prozessführung in Italien bieten sollen, im konkreten Einzelfall aber ist es unabdingbar, eine Beratung durch einen im italienischen Recht kompetenten Rechtsanwalt in Anspruch zu nehmen.
Hinsichtlich gerichtlicher Verfahren in Italien ist darauf hinzuweisen, dass es hierbei aufgrund der unterschiedlichen Rechtsordnungen bereits erhebliche Unterschiede zum deutschen Zivilprozessrecht gibt, insbesondere aber auch die italienischen Verfahren regelmäßig wesentlich länger dauern, als man dies aus Deutschland gewohnt wäre.
Die Prozessführung in Italien bei Klagen gegen deutsche Mandanten wird direkt durch unsere Kanzlei geführt, insbesondere in Person des Kanzleigründers Herrn Rechtsanwalt und Avvocato Dr. Reiß, der durch seine nahezu 20-jährige Erfahrung im deutsch-italienischen Rechtsverkehr einen umfassenden Erfahrungsschatz und Kompetenz aufweist, die es ermöglichen, die konkret notwendige Taktik im jeweiligen Verfahren zu erarbeiten und umzusetzen (Darstellung des Sachverhalts, etwaige Verhandlungen mit der Gegenseite etc.). Im Folgenden möchten wir Ihnen einige wesentliche Punkte zum italienischen Prozessrecht darstellen:

I. Verfahrensdauer

Hier ist darauf zu verweisen, dass nach Auffassung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in Straßburg erstinstanzliche Prozesse bis zu einem rechtskräftigen Urteil maximal sechs Jahre dauern sollen. In Italien ergehen erstinstanzliche Zivilurteile beim Landgericht (tribunale) oftmals erst nach fünf Jahren oder noch später, die Berufungsurteile bei den Oberlandesgerichten (corte d’appello) regelmäßig frühestens nach zwei Jahren, wobei Zeiträume von bis zu sieben Jahren zwischen zwei Verhandlungsterminen ebenfalls im Bereich des Möglichen liegen. Da zu-dem noch eine III. Instanz bei Einlegung der Revision am Kassationsgerichtshof (corte di cassazi-one) gegeben ist, von welchem die Verfahren oftmals zurückverwiesen werden an die vorherige Instanz zur erneuten Verhandlung, wird deutlich, weshalb Italien oftmals Beklagte am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ist aufgrund überlanger Verfahrensdauern. Nach einer Statistik von 2012 hatten von den etwa 5,4 Mio. anhängige Zivilverfahren bereits eine halbe Million eine Verfahrensdauer mehr als sechs Jahren. Da nunmehr auch zahlreiche Außenstellen (sezione distaccata) der Landgerichte geschlossen werden, ist mit einer Reduzierung der Verfahrensdauern in absehbarer Zeit nicht zu rechnen.

II. Ablauf eines Klageverfahrens

In einem italienischen Zivilprozess vor dem Landgericht (tribunale) wird durch den Kläger ein Klageschriftsatz bei Gericht eingereicht, welcher der Gegenseite zugestellt wird. Diese hat dann nach den Bestimmungen des italienischen Zivilprozessrechts regelmäßig die Möglichkeit, bis 20 Tage vor dem Prozess eine Klageerwiderung einzureichen, wenn selbst weitere Rechte geltend gemacht werden sollen, wie beispielsweise Streitverkündung oder Widerklage.

Im ersten mündlichen Verhandlungstermin wird seitens des Gerichts oftmals nicht zur Sache selbst diskutiert, sondern es werden lediglich zwischen den Parteien die eigenen Positionen ausgetauscht. Hierzu müssen die Prozessparteien regelmäßig in einem Nebenraum zum Richterzimmer die dort hinterlegten Prozessakten heraussuchen, da in der Regel Sammeltermine angesetzt werden (meistens ab 09.00 Uhr), zu welchem sich dann sämtliche Anwälte der angesetzten Verfahren einfinden und ihren jeweiligen Gegenpart suchen. Sodann wird handschriftlich ein Protokoll durch die Anwälte erstellt, welches dem Richter vorgelegt wird. Dieser gewährt regelmäßig die von der italienischen ZPO vorgesehenen Schriftsatzfristen zur Einreichung dreier weiterer Schriftsätze, in welchen zur Sache Stellung genommen wird, die Beweismittel aufgeführt und präzisiert werden und zu den Beweismittelanträgen der Gegenseite Stellung genommen werden kann. Bereits zu diesem Zeitpunkt kann das Gericht einen weiteren Verhandlungstermin ansetzen, in welchem dann beispielsweise zur Zulassung der Beweismittel Entscheidungen getroffen werden können (Bestellung eines Gutachters oder Ladung von Zeugen). Die Beweisaufnahme selbst würde dann in einem separaten Termin stattfinden, ebenso die gewöhnlich stattfindende abschließende Verhandlung zur Präzisierung der Schlussanträge. Es können seitens des Gerichts aber auch noch weitere Termine angesetzt werden, was die langen Verfahrensdauern gegenüber Deutschland erklärt, wo es an sich Ziel des Gerichts ist, die Angelegenheit in einem Gerichtstermin zu klären.

Seitens der Richter ist es nicht gern gesehen, wenn auch die Parteien selbst in den einzelnen Gerichtsterminen auftreten, sofern diese nicht explizit geladen sind. Dies bereits aus Platzgründen, da angesichts der Sammeltermine sich eine Vielzahl von Anwälten bereits im Richterzimmer befindet und somit zusätzliche Personen den Platzmangel nur verschärfen würden. Dies ist auch der Grund, weswegen zeitaufwändige Zeugenvernehmungen oftmals nicht gewünscht sind und auch nicht durchgeführt werden. Die Zeugenaussagen selbst sollten daher zur Stärkung der eigenen Rechtsposition bereits vorab mit den angesetzten Schriftsätzen eingereicht werden, wobei darauf hinzuweisen ist, dass Gerichtssprache Italienisch ist und somit diese Aussagen mit beglaubigter Übersetzung eingereicht werden müssen, da das Gericht von diesen sonst keine Kenntnis nimmt.

III. Anwaltliche Verhandlungen

Aufgrund der langen Verfahrenslaufzeiten in Italien sowie des Umstands, dass die Gerichtstermine für die Anwälte mit oftmals langen Wartezeiten verbunden sind mangels konkreter Terminbestimmung sondern vielmehr Ansetzung von Sammelterminen, kommt es im Rahmen dieser Wartezeiten oftmals zu konkreten Gesprächen der Anwälte über das entsprechende Verfahren. In diesen auf den Gerichtskorridoren stattfindenden Gesprächen kann dabei oftmals eine mögliche Lösung der Sache gefunden werden, die dann nach Rücksprache mit der Mandantschaft zu einer schriftlich festzuhaltenden Vergleichsvereinbarung der Parteien führt, mit welcher das gerichtliche Verfahren verkürzt und beendet werden kann.

IV. Abgekürztes Verfahren

Sodann besteht im italienischen Recht noch eine weitere Möglichkeit, die gerichtlichen Verfahren in abgekürzter Form zu führen. Dazu kann ein summarisches Verfahren in allen Fällen durchgeführt werden, in welchem das Landgericht (tribunale) durch einen Einzelrichter entscheiden würde. Dies aber nicht bei arbeitsrechtlichen Streitigkeiten, bei Widerspruch gegen einen Mahnbe-scheid oder auch der Beanstandung von Gesellschafterbeschlüssen.

Die Voraussetzungen für ein solches Verfahren liegen dann vor, wenn der Klageantrag bereits nach Aktenlage geklärt werden kann oder nur eine summarische Untersuchung notwendig ist, wenn z. B. der Urkundenbeweis bereits eine vollumfängliche Bewertung ermöglicht oder nur wenige Zeugen zu wenigen Beweiskapiteln vernommen werden müssen. Dem Richter ist dabei ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, er mithin das summarische Verfahren auch als nicht angebracht einschätzen kann, so dass vielmehr ein ordentliches Klageverfahren durchgeführt werden muss.

Hinsichtlich der Verfahrensdauer ist auszuführen, dass der italienische Gesetzgeber selbst keine konkreten Fristen bestimmt hat, außer dass sich der Beklagte mindestens 10 Tage vor dem festgesetzten Verhandlungstermin im Verfahren bestellen muss und zwischen Zustellung der Terminfestsetzung und diesem Zeitpunkt zur Bestellung im Verfahren mindestens 30 Tage liegen müssen. Wann konkret aber der Termin festgesetzt werden muss, ist nicht bestimmt, einige Landgerichte sehen in ihren Leitlinien aber vor, dass binnen vier Monaten nach Einreichung des einleitenden Schriftsatzes ein Gerichtstermin angesetzt werden muss.

V. Rechtsbehelfe

Gegen das erstinstanzliche Urteil eines Landgerichts kann beim Oberlandesgericht (corte d’appello) Berufung eingelegt werden, wobei die Berufungsfrist mittlerweile sechs Monate beträgt, es sei denn eine Partei hatte das Urteil konkret zustellen lassen an die Gegenseite, was die Berufungsfrist auf 30 Tage verkürzt. Neue Beweismittel können nur dann vorgelegt werden, wenn nachgewiesen wird, dass diese ohne Verschulden nicht bereits im Verfahren I. Instanz vorgelegt werden konnten.

 

Für die Revision beim Kassationsgericht (corte di cassazione) besteht ebenfalls eine Frist von sechs Monaten, wobei im Falle einer Zustellung des Urteils an die Gegenseite des Berufungsgerichts die Revisionsfrist 60 Tage beträgt. In dem Verfahren vor dem Kassationsgericht können keine Unterlagen vorgelegt werden, die nicht bereits in den vorherigen Instanzen Verfahrensgegenstand waren, es sei denn sie betreffen die Nichtigkeit des angegriffenen Urteils und die Zulässigkeit der Revision.

 

Die konkrete Vertretung in den Verfahren wird kompetent durch Herrn Rechtsanwalt und Avvocato Dr. Reiß als Ansprechpartner in Deutschland in deutscher Sprache gewährleistet. Wir können dabei aufgrund unserer zahlreichen Standorte in Italien für die Mandantschaft tätig werden, ohne Korrespondenzanwälte beauftragen zu müssen, welche die Schriftsätze erstellen und Verhandlungen wahrnehmen würden. Dies erfolgt vielmehr direkt durch unsere Kanzlei. Für weitere Details stehen wir Ihnen selbstverständlich je-derzeit zur Verfügung gemäß der neben stehenden Kontaktdaten.

Unsere Anwälte in diesem Fachbereich.

> Dr. Jürgen Reiß
> Rosario Bruno
> Alessandro Tató
> Pierpaolo Lucchese
> Marco Soleto
> Paolo Federico Fedele
> Matteo Colombi

 

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