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Erbrecht - Patchworkfamilien

Meine, deine, unsere Kinder – Vererben in der Patchworkfamilie

Im wahrsten Sinne des Wortes Flickarbeit (engl.: patchwork) ist die erbrechtliche Gestaltungsberatung bei Patchworkfamilien.

Denn es gilt die verschiedenen Interessen der Ehegatten in zum Beispiel zweiter Ehe, der Kinder aus früherer Ehe, der nichtehelichen Kinder, der Kinder aus zweiter Ehe etc. unter einen Hut zu bringen. Da diese Interessen nicht selten gegenläufig sind und das Gesetz für Patchworkfamilien wenige sinnvolle Lösungen bereit hält, ist es wichtig, sich frühzeitig um sinnvolle Regelungen zu bemühen.

Im Folgenden möchten wir Ihnen Gefahren, Tücken und Regelungsmöglichkeiten aufzeigen, wie Ihr Patchwork auch nach einem Todesfall in Frieden verbunden bleibt und nicht durch einen schwierigen und belastenden Erbrechtstreit zerrissen wird.

I. Gesetzliche Erbfolge

Die gesetzliche Erbfolge ist für Patchworkfamilien häufig eine eher ungünstigste Variante. So sind Stiefkinder in der gesetzlichen Erbfolge stets außen vor und der derzeitige Ehegatte wird mit den alleinigen Kindern und gemeinsamen Kindern des Erblassers Erbe in einer Erbengemeinschaft.

Da die Familienbande zwischen Stiefkindern und Stiefeltern häufig nicht so fest sind wie zu den leiblichen Kinder, wird der Ehegatte durch die Stiefkinder womöglich zum Verkauf eines Familienheims gezwungen oder der Ehegatte belastet die Erben mit immensen güterrechtlichen Ansprüchen. Kommt dann noch ein früherer Ehegatte als gesetzlicher Vertreter eines minderjährigen Erben ins Spiel ist in vielen Fällen der Streit vorprogrammiert.

Diesen Gefahren kann schließlich nur durch letztwillige Verfügung oder der Adoption von Stiefkindern entgegnet werden.

 

II. Letztwillige Verfügungen

Nimmt man eine letztwillige Verfügung vor, also schreibt man ein Testament oder schließt einen Erbvertrag ab, spricht man von der gewillkürten Erbfolge. Diese geht der gesetzlichen Erbfolge vor. Die Testierfreiheit hat ihre Grenze oftmals nur im gesetzlichen Recht auf den Pflichtteil nach §§ 2303 ff BGB, daher können höchst individuelle Regelungen getroffen werden.

Wichtige „Werkzeuge des Erbrechts“ sind dabei Vermächtnisse, Vor- und Nacherbschaft, gegenseitige Erbeinsetzung durch die Ehegatten, Erbvertrag und Pflichtteilsregelungen wie der Verzicht oder Pflichtteilsstrafklauseln.

Wie diese Werkzeuge in Patchworkfamilien am besten eingesetzt werden, welche Risiken sie mit sich bringen und wie man diesen wiederum am besten vorbeugt, erläutern wir Ihnen im Folgenden:

1. gemeinschaftliche Ehegattentestamente

Gemeinschaftliche Testamente - ob in Form des Berliner Testaments oder in abgewandelter Form – sind bei Ehegatten sehr beliebt, für Patchworkfamilien sind sie jedoch ohne ergänzende Regelungen gänzlich ungeeignet.

Denn haben sich die Ehegatten gegenseitig als Alleinerben eingesetzt, sind die alleinigen Kinder des Erstversterbenden gezwungen ihren Pflichtteil geltend zu machen, da sie nach dem Versterben des Längerlebenden keinen Anspruch auf einen Teil des Erbes haben. Ihr Pflichtteilsrecht gegenüber dem bereits vorverstorbenen Elternteil ist im Zweifel verjährt und sie werden, wie bereits erläutert, gerade nicht gesetzliche Erben des Stiefelternteils. Stiefkinder und Stiefeltern sind nämlich nicht pflichtteilsberechtigt!

Dem kann zwar durch Schlusserbeneinsetzung auch der alleinigen Kinder des Vorverstorbenen begegnet werden. Diese Variante schützt die alleinigen Kinder des Erstversterbenden jedoch nicht davor, dass der Längerlebende das gesamte Vermögen verbraucht und nichts mehr für die Schlusserben verbleibt.

Es könnte zwar ein Verfügungsunterlassungsvertrag entgegengestellt werden, ein solcher Vertrag bedeutet jedoch eine geringe (testamentarische) Dispositionsbefugnis des längerlebenden Ehegatten. Dies kann dann vor allem bei möglichen „Fehlentwicklungen“ von Kindern, aber auch bei besonderen Umstände wie Sozialhilfebedürftigkeit oder Insolvenz der Schlusserben fatale Folgen haben, da der Längerlebende die letztwillige Verfügung nicht mehr abändern und den neuen Gegebenheiten anpassen kann.

Daher scheint zunächst eine Einsetzung des Ehegatten als nicht befreiten Vorerben und der alleinigen Kinder als Nacherben, womöglich neben gemeinsamen Kindern, sinnvoller zu sein. Aufgrund des so genannten Trennungsmodells bleibt dann auch nach dem Vorerbfall das Vermögen des Erstversterbenden bis zum Nacherbfall (Tod des Längerlebenden) rechtlich vom Vermögen des Längerlebenden getrennt. Das bedeutet: der Vorerbe kann über das getrennte Vermögen des Erstversterbenden (Sondervermögen) nicht durch Testament oder Erbvertrag verfügen, auch Schenkungen sind nur sehr bedingt möglich. Im Nacherbfall geht das Sondervermögen dann automatisch auf den/die Nacherben über.

Bei dieser Variante ist jedoch zu bedenken, dass der Ehegatte nur wenig von dem Vermögen des Erstversterbende hat, da er in seinen Verfügungsmöglichkeiten stark beschränkt ist. Außerdem empfiehlt es sich auch bei dieser Variante, von allen Nacherben einen Pflichtteilsverzicht erklären zu lassen.

Solche Pflichtteilsverzichtsverträge können aber jederzeit ohne die Zustimmung des künftigen Vorerben abgeändert oder aufgehoben werden. Es ist daher dringend zu empfehlen, den Pflichtteilsverzicht auch gegenüber dem Vorerben (also dem anderen Ehegatten) erklären zu lassen.

2. Erbeneinsetzung aller Pflichtteilsberechtigten

Selbstverständlich müssen Ehegatten sich gegenseitig nicht als Alleinerben einsetzen. So ist beispielsweise auch denkbar, dass jeder Ehegatte seine eigenen Kinder testamentarisch als Erben einsetzt und seinen Ehegatten durch Vermächtnisse oder die Einräumung eines Wohnungs- und Nießbrauchrechts absichert.

Zu beachten ist hierbei, dass von jedem Beteiligten ein Pflichtteilsverzicht erklärt werden sollte, da sonst die Gefahr besteht, dass mühsam ausgeklügelte Erbstrategien durch die Ausschlagung und Geltendmachung des Pflichtteils zerstört werden und so wieder ungewünschte Situationen entstehen.

Bei dieser Gestaltungsmöglichkeit muss jedoch unbedingt beachtet werden, dass der Ehegatte – sofern Zugewinngemeinschaft besteht – das Erbe ausschlagen kann und die Ehe hinsichtlich des Vermögens nicht durch Erbe sondern durch Zugewinnausgleich beendet wird. Hier kann es erneut zu starken Ungleichgewichten und Unterwanderungen der vom Erblasser gewünschten Vermögensverteilung kommen.

 

III. Problematik des Pflichtteils

Ein grundsätzlich Pflichtteilsberechtigter (Abkömmlinge, Ehegatte und eventuell Eltern, sofern keine leiblichen Kinder vorhanden) kann unter Umständen selbst dann, wenn er Erbe wurde, seinen Pflichtteil geltend machen. Dies nämlich dann, wenn er durch irgendwelche testamentarischen Verfügungen beschränkt oder beschwert ist. Solche Verfügungen können Teilungsanordnungen, Vermächtnisse oder Erbeinsetzungen mit einem geringeren Wert als dem Pflichtteil sein.

Wie bereits angedeutet, kann die Geltendmachung des Pflichtteils, der in Geld auszuzahlen ist, die Erben in ungünstige Situationen bringen. Denn sind nicht genug liquide Mittel vorhanden, weil im Nachlass der größte Teil des Vermögens etwa in Immobilien vorhanden ist, kann die Patchworkfamilie gezwungen sein, das Eigenheim zu verkaufen, um den Pflichtteil aufbringen zu können. Solche und ähnliche Situationen gilt es unbedingt zu vermeiden.

Daher sind Pflichtteilsregelungen unverzichtbar. Von den Pflichtteilsberechtigten kann der Erblasser sich daher einen Pflichtteilsverzicht erklären lassen. Dieser kann bedingt, unbedingt oder gegen Abfindung erfolgen. Der unbedingte, einfache Pflichtteilsverzicht erhöht das Risiko – gerade in Patchworkfamilien – dass die Pflichtteilsberechtigten womöglich nach dem Versterben längerlebender Stiefelternteile komplett leer ausgehen, weil diese über das Vermögen des Erstversterbenden bereits anderweitig verfügt haben.

Ein Verfügungsverzicht kann hier grundsätzlich abhelfen, beschränkt aber wiederum den Ehegatten nicht unerheblich. Ist diese Beschränkung des Ehegatten nicht gewünscht, sollte über einen Pflichtteilsverzicht gegen Abfindung nachgedacht werden. Hierbei erklärt der Pflichtteilsberechtigte den Verzicht und erhält zu Lebzeiten des Erblassers als Gegenleistung eine Abfindung in Geld, Immobilienvermögen, Schmuck oder ähnliches.

Scheidet diese Möglichkeit aus, kann man einen bedingten Pflichtteilsverzicht vereinbaren. Dabei verzichtet der Pflichtteilsberechtigte auf seinen Pflichtteil beim Tode des Erstversterbenden nur unter der auflösenden Bedingung, dass beim Tod des Letztversterbenden noch Vermögen vorhanden ist. Sollte dann kein Vermögen oder weniger Vermögen vorhanden sein, so ist der Verzicht hinfällig und der Pflichtteil kann noch geltend gemacht werden.

Es sei denn inzwischen ist der Pflichtteilsanspruch verjährt. Dann ist der Pflichtteilsanspruch nicht mehr durchsetzbar. Daher sollte ein bedingter Pflichtteilsverzicht immer mit einem Verzicht auf die Einrede der Verjährung einhergehen. Dieser Verzicht auf die Verjährungseinrede sollte von allen eingesetzten Erben und Pflichtteilsberechtigten erklärt werden.

Sollte aufgrund von innerfamiliären Spannungen oder aus anderen Gründen ein Pflichtteilsverzicht nicht angestrebt werden oder nicht zu erreichen sein, sollte an eine Pflichtteilsstrafklausel gedacht werden. Dabei wird versucht, die Geltendmachung des Pflichtteils so unattraktiv wie möglich zu machen. Die Strafklausel kann so ausgestaltet sein, dass bei Geltendmachung des Pflichtteils nach dem Erstversterbenden eine Schlusserbeneinsetzung entfällt (auflösend bedingte Schlusserbeneinsetzung im Testament notwendig). Dem Längerlebenden können auch Abänderungsvorbehalte testamentarisch zugestanden werden für den Fall, dass der Pflichtteil geltend gemacht werden sollte. Der Längerlebende hat dann die Möglichkeit, ein gemeinsames Testament noch abzuändern.

IV. Kombinationen

Das bestmögliche Ergebnis wird nur im Zusammenspiel vieler Faktoren und Regelungsvarianten erzielt. Diese Varianten alle zu erläutern, würde den Rahmen dieser Darstellung sprengen.

Bitte beachten Sie unbedingt, dass die obigen Ausführungen speziell für Patchworkfamilien gelten.

Für klassische Familien oder Alleinerziehende gibt es teils ganz andere Gestaltungsmöglichkeiten. Da jede Familie individuell ist und auch individuelle erbrechtliche Bedürfnisse hat, sollten Sie stets genau prüfen, ob die Rechtsfolge einer Regelung sich mit Ihren Wünschen deckt und ob die verschiedenen Gestaltungsvarianten miteinander kombinierbar sind oder sich eventuell sogar ausschließen.

Bei diesen Fragen stehen wir Ihnen bei Bedarf selbstverständlich beratend zur Seite. Treten Sie dazu einfach telefonisch, per E-Mail oder Fax mit uns in Verbindung.

 

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